Pentacon FM / Contax FM

Analoge Kamera Pentacon FM / Contax FM

Nach dem Tod meines Vaters landeten zwei alte Kameras bei mir: eine Pentacon FM und eine Praktica IV. Die Pentacon war bis auf das schwergängige Tessar absolut in Ordnung, bei der Praktica hakt der Verschluss manchmal. Das hängt bei so alten vollmechanischen Kameras einfach damit zusammen, dass langes Herumstehen ihnen nicht gut tut. Beide Kameras hat mein Vater nur wenig genutzt. Oft lassen sich solche Schwächen durch wiederholtes Auslösen wieder beheben. Allerdings nicht nur ein- oder zweimal. Da braucht man Geduld! Die habe ich bei der Praktica IV bisher nicht gehabt. Die Pentacon FM hat mich allerdings von Beginn an fasziniert. Und tat es noch viel mehr, als ich etwas über die Geschichte dieser Kamera las.

Pentacon vs. Contax

Warum gibt es zwei Bezeichnungen? Diese Kamera wurde von 1958-61 im VEB Kinowerke Dresden (ehemals VEB Zeiss Ikon) gebaut. Dort wurden bereits vor dem 2. Weltkrieg Kameras mit dem Markennamen „Contax“ gebaut. Bis 1959 wurden Kameras in der DDR weiterhin mit dieser Marke versehen. Natürlich wurden sie auch exportiert, allerdings lagen die Namensrechte für die Bezeichnung „Contax“ in der Bundesrepublik Deutschland und in Westeuropa bei der Zeiss Ikon AG Stuttgart. Daher musste für Westexporte ein neuer Name erfunden werden: Pentacon. Diese Bezeichnung setzte sich aus den Worten „PENTAprisma“ und „CONtax“ zusammen. Eine andere Kombination dieser beiden Worte ist übrigens „Pentax“ („PENTAprisma“ und „contAX“). Tatsächlich ließ man sich auch diese Bezeichnung schützen, verkaufte die Rechte aber später an die japanische Ashai Optical Co.

Vorfahrin der Pentacon FM / Contax FM: die Contax I
Die Vorfahrin der Pentacon FM / Contax FM: die Contax I

1959 wurde die doppelte Benamung eingestellt, die Kamera war dann in Ost und West als Pentacon FM zu kaufen. Unterschiedliche Markenrechte für Zeiss-Produkte spielten aber auch weiterhin eine Rolle. Ich habe vor ein paar Jahren eine Praktica Super TL 1000 gebraucht gekauft. Die Kamera unterscheidet sich nicht von den in der DDR verkauften Modellen, das Objektiv hat jedoch einige Abweichungen. Anders als bei den normalen Objektiven fehlen die Bezeichnungen „Carl Zeiss“ und „Tessar“.

Die legendäre „Spiegelcontax“

Die Pentacon FM / Contax FM ist eine Weiterentwicklung der legendären Contax S. Die wurde ab 1949 in Dresden produziert und wird oft als die erste in Serie gebaute Spiegelreflexkamera mit Umkehrprisma bezeichnet. Spiegelreflexkameras waren zu der Zeit nicht neu, in der Regel schaute der Fotograf dabei jedoch von oben in einen Lichtschacht und sah ein seitenverkehrtes Sucherbild. Durch das eingesetzte Prisma kann er jedoch in Richtung des Motivs schauen und sieht nun ein seitenrichtiges Bild, wie wir es auch heute noch von analogen oder digitalen Spiegelreflexkameras gewohnt sind. Allerdings gab es vor der Contax S bereits eine andere Kamera mit Pentaprisma. Ab 1948 wurde im Rom die Rectaflex hergestellt, allerdings nur in Kleinserie. Daher ist sie weniger bekannt als die Contax S.

Das war jedoch noch das einzige Problem der Contax S. Die Dresdner Ingenieure hatten sich kein geringeres Ziel gesetzt, als den Rückstand im Bereich der Spiegelreflexkameras gegenüber anderen Herstellern wie zum Beispiel Exacta aufzuholen. Durch Zerstörungen und umfangreiche Demontagen nach Kriegsende konnten vorher produzierte Kameras wie die Contax II und III ohnehin nicht mehr hergestellt werden. Etwas ganz Neues musste also her trotz aller widrigen Umstände! Eine möglichst kompakte Spiegelreflexkamera mit Schlitzverschluss und einer 1/1000stel Sekunde als schnellste Belichtungszeit. Dazu wurde ein sehr innovativer, aber auch komplexer Tuchverschluss neu konstruiert. Genau dieser bereitete jedoch sowohl bei der Überführung in die Serienproduktion als auch danach große Probleme. Der Verschluss musste nach Produktionsbeginn neu überarbeitet werden. Die vielen Reklamationen und Rückrufe von Kameras schädigten den Ruf der Serie leider nachhaltig.

Eigenschaften der Pentacon FM

Beim Erscheinen der Pentacon FM waren Verschlussprobleme schon längst gelöst. Sie ist eine wunderschöne Kamera, die sich entsprechend damaliger Standards sehr gut bedienen lässt. Dazu verhilft auch der Schrägauslöser, der schon für die Contax S patentiert und später an sehr vielen Kameras aus Dresden eingesetzt wurde. Der Druck beim Auslösen drückt die Kamera nicht nach unten, sondern gegen die Handfläche des Fotografen, was Verreißen der Kamera verhindern soll. Daneben macht sie allerdings auch noch sehr gute Bilder, was vor allem dem Carl Zeiss Jena Tessar 2.8/50 Objektiv zu verdanken ist. Diese Bauform mit vier Linsen war im 20. Jahrhundert Maß aller Dinge, wenn es um Schärfe und Abbildungsleistung ging.

Ansicht der analogen Kamera Pentacon FM / Cintax FM mit Alu-Tessar 2.8 / 50 und Alu-Sonnar 4 / 135
Pentacon FM mit Alu-Tessar 2.8 / 50 und Alu-Sonnar 4 / 135

Sie hat ein M-42-Schraubgewinde, einen Schlitzverschluss bis 1/1000 sec. und einen Selbstauslöser. Für die Fokussierung gibt es einen Schnittbildindikator, dafür steht auch FM im Namen. Eine Belichtungsmessung gibt es nur bei den Schwestermodellen Pentacon FB und FBM. Da die Kamera mit Objektiv sehr „kopflastig“ ist, hat man unten eine ausklappbare Stütze angebracht, damit die Kamera beim Abstellen nicht nach vorne kippt. Ein durchaus sinnvolles Gimmick.

Sie besitzt keinen Schnellspannhebel. Der Film wird über das Filmtransportrad weitergespult, zugleich wird der Verschluss gespannt. Zusätzlich muss die halbautomatische Springblende des Objektives ebenfalls neu gespannt werden. Das erscheint erstmal etwas umständlich, geht aber sehr flüssig.

Eine Bedienungsanleitung habe ich bisher leider nur für die Pentacon F gefunden. Allerdings ist sie bis auf den fehlenden Schnittbildindikator ähnlich.

Einige technische Daten der Pentacon FM / Contax FM

SucherDachkant-Prismensucher
ObjektivanschlussM42-Gewinde
BelichtungsmessungKeine
BelichtungsfunktionenManuell
FokussierungManuell mit Schnittbildindikator
VerschlussHorizontal ablaufender Tuchverschluß
Verschlusszeiten1 bis 1/1000 s, Bulb
BatterieKeine
Abmessungen (B x H x T)148 x 84 x 71 mm
Gewicht775 Gramm

Mögliche FM-Mängel

Die Kamera selbst ist sehr solide gebaut. Man stellt sich gerade mechanische Kameras als besonders langlebig vor. Das sind sie auch, wenn sie regelmäßig benutzt werden, denn sonst verharzen Fette und verkleben die Mechanik. So kommt es häufiger vor, dass vor allem die langen Belichtungszeiten nicht mehr korrekt ablaufen. Eine Kamera mit elektronischer Belichtungssteuerung ist da unempfindlicher. Bei meiner Pentacon FM hatte ich Glück. Sie läuft einwandfrei, aller Zeiten funktionieren perfekt. Ich musste nur eine kleinere Reparatur selbst machen, eine Achse war verbogen. Mit einer alten Pentacon als Ersatzteilspender war das jedoch kein Problem.

Detailaufnahme mit Schrägauslöser
Filmtransportrad, Einstellung der Belichtungszeit, Schrägauslöser, Selbstauslöser

Die alten Alu-Tessare leiden allerdings oft unter sehr verharztem Fett, so dass der Fokusring nur sehr schwer drehbar ist. Aber das lässt sich in der Regel mit etwas Wärme und handwerklichem Geschick beheben. Ich habe meine Exemplare selbst zerlegt und neu gefettet. Von den oft gepriesenen Backofen-Tipps halte ich recht wenig. Man kann nie vorhersagen, wohin sich das verflüssige Fett verteilt. Und neues Fett kommt so auch nicht an die Stellen, an denen es gebraucht wird. Daher lieber alles gleich richtig machen.

Fazit zur Pentacon FM / Contax FM

Ich liebe meine FM! Es ist immer etwas Besonders, sie in die Hand zu nehmen. Vielleicht liegt es daran, dass sie meinem Vater gehörte. Okay … das hat sicher etwas damit zu tun. Aber davon angesehen finde ich sie wunderschön. Ich mag auch ihre Umständlichkeit sehr. Dafür belohnt sie dank des großartigen Objektivs mit sehr guten Bildern. Zusätzlich zum 50er Tessar habe ich mir noch ein 135 Sonnar besorgt, auch in der Alu-Ausführung. Das ergibt ein sehr schönes Set, das immer griffbereit bei mir steht und das ich hin und wieder auch benutze. Sie begleitet mich nicht permanent. Das tut zur Zeit eine andere Contax, die 137 MD Quartz. Zwar trägt sie auch den gleichen Markennamen, ist aber deutlich jünger.

Leider sind Kameras aus der F-Reihe in gutem Zustand selten geworden. Ich habe bei eBay schon absurde Preisvorstellungen für lt. Beschreibung funktionierende Modelle gesehen. Wahrscheinlich geht es vielen Besitzern so wie mir … ich gebe sie auf keinen Fall weg. Wenn jemand also mit etwas Glück zu einem guten Exemplar kommt ist meine Empfehlung: behalten, benutzen und damit glücklich sein!

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