Wie funktioniert analoge Fotografie

Analoge Fotografie funktioniert grundlegend genau wie digitale. Letzten Endes änderte sich nur die Art, wie ein Bild festgehalten wird. Zusätzlich kamen viele elektronische Helferlein dazu, die das Fotografieren komfortabler machen sollen. Die Digitalisierung kann jedoch dazu verleiten, die Arbeitsweise beim Fotografieren zu ändern. Nicht der Moment des Auslösens der Kamera, sondern die nachträgliche Bearbeitung des Materials in Photoshop stehen dann im Vordergrund. Als Anfänger in analoger Fotografie merkt man schnell, dass vieles anders als in der digitalen Welt funktioniert.

Analoge Fotografie funktioniert ohne Elektronik
Bei der Agfa Click I (1958 – 1970) ließ sich nur die Blendenöffnung durch Einschwenken zwei unterschiedlich großer Lochblenden oder eines Gelbfilters ändern. Belichtungszeit und Entfernung waren fix.

Kleine Geschichte der analogen Fotografie

Die Geschichte der Fotografie geht im Grunde auf die Camera obscura zurück. Da war nichts weiter als ein dunkler Raum mit einem Loch an der einen Seite. Das durch dieses Loch fallende Licht wurde bei richtiger Größe des Loches auf die gegenüberliegenden Wand projiziert. Dabei wurde ein auf dem Kopf stehendes Bild der Außenwelt dargestellt. Aber lange Zeit war es nicht möglich, das entstehende Abbild zu speichern.

Im späten 18. Jahrhundert kam dann Bewegung in die ganze Sache. Experimente mit Silbersalzen und zur Fixierung traten eine Welle von Entwicklungen im 19. Jahrhundert los. Es entstanden zahlreiche weitere fotografische Verfahren wie die Cyanotypie, die statt Silber auf Eisen setzt und noch heute eingesetzt wird. Die älteste noch heute erhaltene Fotografie stammt aus dem Jahr 1826. Am Ende des 19.Jahrhunderts war dann fast alles vorhanden, was wir noch heute nutzen. Von Kodak gab es die erste industriell hergestellte Kamera. Zelluloid setzte sich als Trägermaterial durch, auch die Perforation war bereits erfunden. Der Verschluss war erfunden und auch fotografische Objektive gab es bereits. Sogar den Kleinbildfilm gab es schon. Zum Durchbruch fehlte nur noch die passende Kamera.

Contax I von 1932
Die Contax I wurde kurz vor der Leica II vorgestellt und war ihr in einigen Belangen überlegen, war allerdings teurer und erreichte nicht die Stückzahlen der Leica II.

Während immer mehr Boxkameras für das Mittelformat auf den Markt kamen, konstruierte Oskar Barnack bei der Fima Leitz in Eigeninitiative zwei Kleinbildkameras. Sie waren Vorbild für die Leica I, die 1925 vorgestellt wurde. Bald entwickelten auch andere Hersteller Kleinbildkameras. So zum Beispiel die Firma Zeiss Ikon, die 1932 mit der Contax I ein bedeutsames Konkurrenzmodell zu den Leicas auf den Markt brachte.

Wie funktioniert eine analoge Kamera?

Die grundlegende Funktion einer analogen Kamera entspricht in etwa der eines Auges. Im Vergleich zur Camera obscura hat auch unser Auge eine verstellbare Öffnung: die Iris. Sie verhindert, dass wir durch zu viel Licht geblendet werden. Genau die gleiche Funktion hat auch eine Blende. Sie regelt die Lichtmenge, die auf den Film trifft.

So funktioniert analoge Fotografie
Funktionsschema einer analogen Kamera

Der Verschluss verhindert, dass permanent Licht auf den Film trifft. Drückt man den Auslöser, wird der Verschluss geöffnet und ein seitenverkehrtes Bild wird auf den Film projiziert. Danach wird er wieder geschlossen. Der Zeitraum dazwischen wird Belichtungszeit genannt. Belichtungszeit und Blende müssen genau aufeinander abgestimmt sein, damit die richtige Menge Licht auf den Film trifft. Bei zu wenig Licht wird das Foto zu dunkel (unterbelichtet) oder zu hell (überbelichtet). Man kann für die richtige Lichtmenge entweder eine kleinere Blende verwendet, wodurch weniger Licht in die Kamera kommt, muss aber den Verschluss länger geöffnet halten. Oder man verwendet eine offene Blende. Dadurch kommt viel Licht auf den Film, die Belichtungszeit sollte dann aber kürzer sein.

Dacora Daci
Dacora Daci (1950): Entfernung und Blende waren fix, es gab nur die Wahl zwischen einer fest eingestellten Belichtungszeit (ca. 1/40 Sekunde) und manueller Belichtung

Mehr braucht man eigentlich nicht, um ein Foto zu machen. Sogar eher noch weniger. Lochkameras verzichten auf eine verstellbare Blende. Der Verschluss kann alles mögliche sein, es muss nur irgendetwas sein, dass das Loch verdeckt. Digitale Kameras funktionieren nach dem gleichen Grundprinzip. Hier wird lediglich der Film durch einen Sensor ersetzt. Ein interessanter Fakt: das Kleinbildformate hat eine Größe von 24 x 36 mm. Das ist genau die Größe eines Vollformatsensors.

Wie entsteht ein Foto?

Das Licht haben wir jetzt auf den Film projiziert … wie wird jetzt eine analoge Fotofrafie daraus? Ein Film besteht im Wesentlichen aus einem Trägermaterial. Dabei hat sich Zelluloid für Filme durchgesetzt. Auf einer Seite dieses Trägermaterials befindet sich die sogenannte Fotoemulsion. Sie besteht aus Gelantine und enthält unterschiedliche Silbersalze. Bei Lichteinfall reagieren diese Silbersalze und es entsteht ein latentes Bild. Latent bedeutet hier, dass das Bild noch nicht sichtbar ist. Erst beim Entwickeln wird die trübe Fotoemulsion klar und ein Bild ist zu erkennen. Allerdings ist der Film zu dem Zeitpunkt noch lichtempfindlich. Erst nach dem Fixieren erhält man ein stabiles Bild.

Analoge Fotografie funktioniert noch mit FIlmen
120er Film mit 6×6 Negativen

Was danach passiert, hängt vom Film und den eigenen Bedürfnissen ab. Positivfilme sind für Dias gedacht, von Negativfilme kann man Abzüge machen. Dabei wird Fotopapier durch das Negativ hinduch belichtet, wodurch man eine positive vergrößerung erhält. Das Fotopapier ist mit der gleichen lichtempfindlichen Emulsion beschichtet und muss danach entwickelt und fixiert werden. Natürlich kann man sowohl Positiv- als auch Negativfilme durch Scannen oder Abfotografieren auch digitalisieren.

Elektronik in der Fotografie … Fluch oder Segen?

Auch wenn analoge Fotografie ohne viel Elektronik funktioniert, wurden immer mehr elektronische Bauteile integriert. Ob Belichtungssteuerung, Autofokus, Motor, Bildstabilisierung … immer mehr Funktionen sollten das Fotografieren komfortabler machen. Der Ersatz des Filmes durch einen Sensor war da eher ein kleiner, aber recht gravierender Schritt. Die Kamera liefert sofort aufbereitete Bilder und durch große Speicherkarten muss man sich keine Gedanken über einzelne Bilder machen. Das hat vieles verändert.

Ich habe schon häufig erlebt, dass beim Fotografieren der Quantität dem Vorrang gegeben wird. Wenn man ganz viele Fotos macht, werden sich später am Computer schon ein paar brauchbare Resultate finden lassen … ggf. nach erheblicher Bearbeitung. Der Rest wird wahrscheinlich nie wieder angeschaut. Analoge Fotografie funktioniert so nicht. Der begrenzte Umfang des Filmes bildet ein Limit, dass man sich gut einteilen muss. Daher sollte man vorher abschätzen, ob sich ein Motiv lohnt. Und wenn es lohnenswert erscheint, schon vor dem Auslösen über das gewünschte Resultat nachdenken. Natürlich bedeutet das nicht, dass von 36 Bildern alle großartig werden. Es ist absolut richtig und sogar notwendig, auch mal Dinge auszuprobieren, um daraus zu lernen. Aber es ist ein U/nterschied, ob man bewusst fotografiert oder einfach in der Hoffnung auf ein oder zwei brauchbare Fotos zigmal den Auslöser drückt.

Ist Elektronik also eher ein Fluch? Nein, definitiv nicht. Sie ermöglicht jedem, einfach und komfortabel gute Fotos zu machen. In vielen Fällen wie dem Lightpainting oder anderen Langzeitbelichtungen empfinde ich die sofortige Kontrolle sogar als sehr wichtig, um Korrekturen vornehmen zu können. Sie verführt jedoch dazu, die Technik als Maß aller Dinge anzunehmen. Das stimmt jedoch nicht! Fotografie an sich hat relativ wenig mit Technik zu tun.

Analoge Fotografie funktioniert auch digital

Ein guter Weg ist, die Art des analogen Fotografierens auch auf den Umgang mit Digitalkameras zu übertragen. Das Limitieren auf eine bestimmte Anzahl von Bildern erfordert ein bewusstes Fotografieren. Ist das ein gutes Motiv? Mag ich es überhaupt? Wenn nicht, sollte man es einfach sein lassen.

Vielfach konzentrieren wir uns im digitalen Zeitalter viel zu sehr auf die nachträgliche Bearbeitung in Photoshop, Lightroom oder das auch immer. Doch darauf kommt es nicht an. Es zählt der Moment, in dem man auf den Auslöser drückt. Vieles, was man da versäumt, lässt sich später eben nicht wiederbringen. Die falsche Perspektive, ein nicht genutzter Farbfilter … das lässt sich später kaum korrigieren. Dafür braucht man Zeit, die man sich nehmen sollte. Es lohnt sich!

Das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, das Ausprobieren neuer oder teilweise schon vergessener Verfahren, das Lernen aus Fehlern und das bewusste Erleben des Moments, in dem man auf den Auslöser drückt … das macht Fotografie aus. Technik ist da nur ein untergeordnetes Hilfsmittel, aber nie ein ausschlaggebender Faktor. Bei einer guten Fotografie wird sich kaum jemand über minimale Verzeichnungen das Objektives an den Bildrändern beschweren. Na gut … manche werden es vermutlich doch tun.